Breitnau 20.11.2017
Eins stand schon vor Beginn der Veranstaltung zum Thema „Was bedeutet der Wolf für die Höhenlandwirtschaft?“ fest, nämlich dass der Raum im Gasthaus Thurner zu klein war. Schon eine halbe Stunde vor Beginn war der Raum gefüllt und immer mehr Zuhörer kamen dazu.
Nach einer kurzen Einführung durch den Landtagsabgeordneter Reinhold Pix übernahm Prof. Schraml die Moderation. Jeder der eingeladenen Referenten gab ein Statement ab.
Staatssekretär Andre Baumann betonte die Wichtigkeit der Beweidung und Offenhaltung der Landschaft, um die Kulturlandschaft Schwarzwald mit all ihren Besonderheiten zu erhalten. Er dankte ausdrücklich den Landwirten, den Schaf- und Ziegenhaltern für ihre oft beschwerliche Arbeit. Aber der Wolf komme und werde auch im Schwarzwald einziehen. Auftretende Probleme seien nur durch ein funktionierendes Management zu lösen. Dazu gehöre ein gutes Monitoring, um rechtzeitig eingreifen zu können. Dazu sei extra ein Herdenschutzprogramm aufgelegt worden, welches u.a. Zäune ausleiht und vor allem berät. Im übrigen plädierte Baumann dafür, auf keinen Fall den Wolf ins Jagdrecht zu übernehmen, da sich dann „zwei Verwaltungen um ihn streiten würden.“
Sowohl Bernhard Bolkart, Vizepräsident des BLHV, selbst Höhenlandwirt und Ewald Klingele, Vorsitzender des Ziegenzuchtvereins Südschwarzwald gaben Einblicke in ihre Tätigkeiten. Für beide war klar, dass der Einzug des Wolfes das Ende ihrer Bemühungen um die Offenhaltung der Landschaft bedeuten wird. Gerade in Steillagen ist das Aufstellen genügend höher und entsprechend elektrifizierter Zäune schlicht nicht machbar. Die Herden ungenügend geschützt zu lassen, sei für beide keine Option, denn sie fühlten sich nicht nur für die Kreaturen verantwortlich, sondern diese lägen ihnen auch am Herzen. Viele Nebenerwerbslandwirte würden durch den Wolf zur Aufgabe gezwungen, Biolandwirte könnten Ihre Rinder nicht mehr auf die Weide lassen, sondern müssten diese ganzjährig im Stall halten. Freilaufställe müssten wolfsicher gemacht werden, was letztlich bedeuten würde, dass die Tiere nicht mehr artgerecht gehalten werden könnten, was aber ein der großen Forderungen der EU ist.
Walter Kemkes, Leiter des Naturparks Südlicher Schwarzwald, meinte, nach seinen Erfahrungen in ähnlicher Stelle in Sachsen, es gäbe eigentlich keine Probleme mit dem Wolf. Durch eine entsprechende Einzäunung ließe sich das ohne Probleme regeln. Er sieht seine Hauptaufgabe in der Bildung, vor allem der Jugend.
Wolf Riedl, stellv Landes- und Kreisjägermeister, stellte fest, dass die Jägerschaft den Wolf nicht will, ihn aber duldet, und dass auf jeden Fall Probleme auf die Landwirte und Ziegenhalter zukommen werden. Das belegen zahlreiche Berichte und Erfahrungen aus den Wolfsgebieten. Dadurch, dass der Wolf nicht dem Jagdrecht unterliegt, kann, darf aber der Jäger vor Ort nichts machen. Allerdings ist vorgesehen, sobald der Wolf Rudelstärke hat und sich reproduziert, dies zu ändern und ihn in die „Schutzschale“ des JWMG aufzunehmen. So ist es zumindest möglich, durch entsprechende Sondergenehmigungen, schnell zu reagieren, was derzeit einen langwierigen Prozess erfordern würde. Zudem gäbe es Probleme, da der Wolf inzwischen zum Kulturfolger geworden ist und, mangels schlechter Erfahrungen mit dem Menschen, vor diesem keine Scheu zeige. Micha Hertfelder sprach für die FVA und verwies auf die Wichtigkeit des Monitorings. Bisher gab es nur vier bestätigte Sichtungen von Wölfen in B-W.
In der anschließenden Diskussion kamen klar die großen Sorgen der Landwirte, die die Mehrheit im Auditorium stellten, um ihre Existenz und den Fortbestand ihrer Höfe zutage. Keiner möchte den Wolf hier haben, da auch die angebotenen Schutzmaßnahmen nicht wirklich wirksam und alltagstauglich sind. Gerade für Rinder (und auch für Pferde) gibt es keine geeigneten Schutzmaßnahmen, vor allem in Hinblick auf mögliche Folgeschäden, etwa durch durchgegangene Rinder, die auf Straßen oder Bahnschienen laufen und dadurch den Verkehr gefährden. Nach einem Wolfsangriff sei es auch fast unmöglich, die Tiere wieder zu beruhigen, was in der Folge weitere Nachteile hat, wie zum Beispiel weniger Milch, Frühlammen und -kalben. Auch wenn es von drei Referenten verneint wurde, so macht die Nähe des Wolfes zum Menschen Sorgen, gerade bei Kindern. Viele der Anwesenden waren der Meinung, dass es seitens der Naturschützer an der Ehrlichkeit in Bezug auf den Wolf mangele. Zum Einwurf von Andre Baumann, die „Gesellschaft“ wollen den Wolf, meinte ein Teilnehmer, es sei eben nicht diese, sondern lediglich einige Interessengruppen.
Zum Abschluss meinte Reinhold Pix, es gäbe noch einen großen Klärungsbedarf.
(Bericht von Borwin Herzog zu Mecklenburg)
